Johannes R. Becher - Chorfantasie

Seid gegrüßt, lasst euch empfangen
von des Friedens Melodien!
Unser Herz ist noch voll Bangen,
Wolken dicht am Himmel ziehn.

Aber neue Lieder tönen,
und der Jugend Tanz und Spiel
zeugt vom Wahren und vom Schönen,
ordnet sich zu hohem Ziel.

Wo sich Völker frei entfalten
und des Friedens Stimme spricht,
muss sich Herrliches gestalten,
Nacht und Träume werden Licht,

Leben wird zu Lust und Wonne,
wird zu aller Wohlergehn,
und der Künste Frühlingssonne
lässt die Welt uns neu erstehn.

Großes, das uns je gelungen,
blüht im neuen Glanz empor.
„Friede, Friede ist errungen“,
jubelt laut der Menschheit Chor.

Nehmt denn hin, ihr lieben Freunde,
froh die Gaben schöner Kunst.
Wenn sich Geist und Kraft vereinen,
winkt uns ewgen Friedens Gunst.

Johannes R. Becher (1891–1958)

 

Dieser Text ist einer der beiden selten aufgenommenen alternativen Gesangstexte der Chorfantasie op. 80 von Beethoven, der „Fantasie für Klavier, Chor und Orchester“.

https://de.wikipedia.org/wiki/Fantasie_für_Klavier,_Chor_und_Orchester

Der Komponist Jörg Widmann wählte als Text Passagen aus Friedrich Schillers „Ode an die Freude“, die Beethoven nicht in seine 9. Sinfonie übernahm, und endet mit Teilen der lateinischen Totenmesse sowie einem Vers aus dem 1. Buch Mose.

1951 wurde der Dichter und spätere Kulturminister der DDR Johannes R. Becher vom Zentralrat der DDR-Jugendorganisation Freie Deutsche Jugend beauftragt, anlässlich der im selben Jahr in Berlin (Ost) stattfindenden Weltfestspiele der Jugend für die Chorfantasie einen neuen Text zu verfassen. Becher schrieb über die Musik eine neue, der Zeitstimmung nach dem Zweiten Weltkrieg entsprechende Friedensode (allerdings ohne konkrete ideologische oder politische Parteinahme), folgte dabei aber dem Text von Kuffner an einigen Stellen wörtlich. Die künstlerische Legitimation für diese weitgehende Neuschöpfung sah er in der überlieferten Ansicht Beethovens, dass der 1808 kurzfristig geschriebene Text eigentlich unzureichend sei. Sollte es im Auftrag des Verlegers zu einer textlichen Neufassung kommen, käme es ihm allein auf die herausgehobene Stellung des Wortes „Kraft“ an. Bechers Textfassung kam in erster Linie in der DDR zur Aufführung und ist in nur wenigen Einspielungen zu hören.

Es existiert im Handel eine 5-fach-CD mit der Bezeichnung „Beethoven-Masterpieces“ von „Capriccio“.

Auf der CD1 ist die Chorfantasie zu hören (Margot Stejskal, Elvira Puschkarova, Annette Jahns, Ekkehard Wagner, Peter Rösel, Radiochor Leipzig, Dresdner Philharmonie, Herbert Kegel).

https://www.jpc.de/jpcng/classic/detail/-/art/Ludwig-van-Beethoven-1770-1827-Beethoven-Masterpieces/hnum/3075883

 Es existieren auch Links im YouTube.

https://www.youtube.com/watch?v=DGk_Qygbddo

https://www.youtube.com/watch?v=mN1R6T7m6NE

Weitere Informationen bekommt man vom Beethoven-Haus in Bonn.

https://da.beethoven.de/sixcms/detail.php?id=43800&template=forum_detail_da_en&_mid=